4 Ohren Modell
Das 4-Ohren-Modell ist ein von Friedemann Schulz von Thun entwickeltes Kommunikationsmodell. Bekannt ist dieses Modell heutzutage unter verschiedenen Namen wie beispielsweise das Kommunikationsquadrat, die Vier Seiten einer Nachricht, das Vier-Ohren-Modell, das Vier-Seiten-Modell oder schlicht das Nachrichtenmodell.
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Im Großen und Ganzen beschäftigt sich dieses Konzept vor allem mit der Kodierung einer Nachricht seitens des Senders bzw. der Senderin und der unmittelbar darauffolgenden Dekodierung der gleichen Nachricht seitens des Empfängers bzw. der Empfängerin. Denn wie schon Paul Watzlawick einst meinte „Wahr ist nicht was A sagt, sondern was B versteht.“ Auch Schulz von Thun möchte mit seinem Nachrichtenmodell aufzeigen, dass eine Nachricht so gut wie nie nur auf eine Art bzw. eindeutig interpretiert werden kann.
Kommunikation steht wesensgemäß im Spannungsfeld von Wahrhaftigkeit und Wirkungskalkül.
Friedemann Schulz von Thun
Das 4-Ohren-Modell kann überall dort beobachtet werden, wo Kommunikation stattfindet. Egal ob im beruflichen Kontext -beispielsweise beim Bewerbungsgespräch oder in der internen Unternehmenskommunikation – oder im privaten Kontext – in Familien-, Freundschaftsbeziehungen, in der Partnerschaft oder bei der Selbstreflexion: Wer mit dem Kommunikationsquadrat vertraut ist, ist oftmals im Vorteil.
Wieso? Ganz einfach: Das Nachrichtenmodell von Friedemann Schulz von Thun lehrt uns, die zahlreichen Arten, auf die eine noch so kurze Aussage interpretiert werden kann, zu erkennen. Mit diesem Wissen erfährt man nicht nur mehr über den Kommunikationspartner bzw. die Kommunikationspartnerin und sich selbst, sondern man kann in weiterer Folge auch das eigene Kommunikationsverhalten gezielter einsetzen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, in verschiedensten Diskussionen und anderen Situationen das gewünschte Outcome zu erreichen. Wie genau das funktioniert und wie auch du mit ein bisschen Übung lernst die vier Seiten einer Nachricht richtig zu deuten, erfährst du in diesem Artikel! 😉
Die vier Seiten einer Nachricht:
Kommunikation ist immer vielseitig. Schenken wir Schulz von Thuns Kommunikationsmodell glauben, so hat JEDE Nachricht – egal wie kurz oder lang, laut oder leise, verbal oder gar nonverbal sie ist – vier verschiedene Seiten beziehungsweise Kanäle oder Ebenen auf denen sie produziert und empfangen wird.
Wir unterscheiden hier:
die 4 Ebenen/Kanäle:
- Sachebene
- Selbstoffenbarungsebene
- Beziehungsebene
- Appellebene
die 4 Seiten/Botschaften:
- Sachinformation (Worüber informiert der Sender bzw. die Senderin?)
- Selbstkundgabe bzw. Selbstoffenbarung (Was gibt der Sender bzw. die Senderin über sich selbst preis?)
- Beziehungshinweis (Wie bzw. in welcher Beziehung steht der Sender bzw. die Senderin zum Empfänger bzw. der Empfängerin?)
- Appell bzw. Aufforderung (Wozu möchte der Sender bzw. die Senderin den Empfänger bzw. die Empfängerin veranlassen?)
Dargestellt wird dieses Modell oft mit einem Sender oder einer Senderin mit vier Schnäbeln (Mündern) und einem Empfänger oder einer Empfängerin mit vier Ohren. Zwischen den beiden Kommunikationspartnern befindet sich meist ein Quadrat, welches die 4 Seiten einer Nachricht zeigen soll.
Wie funktioniert das 4-Ohren-Modell?
Wie dieses Kommunikationsquadrat visuell aussieht und wie es grundsätzlich funktioniert, findest du in diesem Video von alpha Lernen kurz, knackig und einfach erklärt:
Missverständnisse garantiert! Das 4 Ohren Modell anhand von Beispielen
Ganz nach dem Motto “reden wie einem der Schnabel gewachsen ist” und “nur das hören, was man hören will”, wird davon ausgegangen, dass Missverständnisse vor allem dann auftreten, wenn der Empfänger bzw. die Empfängerin die Nachricht auf einer anderen Ebene wahrnimmt, als der Sender oder die Senderin intendiert. Betrachten wir das “Auto-Beispiel” aus dem Video, bei dem der Beifahrer zur Fahrerin sagt: “Du, da vorne ist grün.”, so kann diese Äußerung auf verschiedene Arten formuliert und auch interpretiert werden:
Der Formulierung zufolge ist diese Aussage auf der Sachebene situiert. Sie enthält eine neutrale Information, die mit dem Empfänger bzw. der Empfängerin geteilt wird. Nur weil die Äußerung sachlich formuliert ist, muss das aber nicht unbedingt heißen, dass sachliche Information auch die primäre Intention des Senders ist.
Je nachdem welches “Ohr” beim Gegenüber nun besonders ausgeprägt ist, kann es sein, dass die Fahrerin in dieser Situation etwas anderes versteht. Es ergeben sich u.a. folgende mögliche Situationen:
- Empfängt sie diese Information mit ihrem “Sachohr”, so hört sie das Gesagte und antwortet vielleicht: “Ah, stimmt, danke!”.
- Nimmt die Fahrerin diese Information mit dem “Selbstoffenbarungs-Ohr” auf, so hört sie eventuell die indirekt ausgesprochene Selbstoffenbarung “Ich habe es eilig.” des Beifahrers.
- Auf dem “Appell-Ohr” versteht die Fahrerin vermutlich “Fahr los!”.
- Mit dem “Beziehungs-Ohr” interpretiert die Empfängerin der Nachricht die Aussage als “das was der Sender von mir hält”. Sie könnte in dieser Situation zum Beispiel die Kritik “Du kannst nicht gut Auto fahren” raushören.
Na? Hast du eine Idee wie dieses Szenario am besten gemeistert werden könnte? 😉
Ein weiteres Beispiel für ein solches Missverständnis wäre wie folgt:
A möchte, dass B die Katze ins Haus lässt und sagt daher:
A: „Die Katze sitzt vor der Tür.“
B nimmt diese als Appell gemeinte Botschaft allerdings nicht als solchen wahr.
B: „Ah ja. Dann lass sie doch bitte hinein!“
Was ist in diesem Beispiel nun also passiert?
Obwohl A hier B zu etwas auffordern wollte, hat er bzw. sie das allerdings falsch kommuniziert. Anstatt dies eindeutig als Appell auszudrücken („Lass bitte die Katze ins Haus!“) hat A die Botschaft hier über den Kanal auf der Sachebene geschickt. B hat dies (bewusst oder unbewusst) nun zu seinem bzw. ihrem Vorteil genutzt und die Nachricht auch auf eben diesem „Sachohr“ empfangen. B jedoch hat durch gezielt richtige Verortung der Antwort auf der Appellebene, den Spieß umgedreht.
Und wieder einmal stellen wir fest: Wer Kommunikation richtig beherrscht, ist klar im Vorteil. 😉
Es braucht allerdings ein bisschen Übung! Probier’s doch mal aus und spiele verschiedene Beispiele und Szenarien durch. Versuche einfache Botschaften auf jeder der vier Ebenen zu kommunizieren und sie auf jeweils einer anderen Ebene zu empfangen! Du wirst erstaunt sein, wie viel Informationen kürzeste Botschaften enthalten können und wie mächtig dieses Tool sein kann, wenn du es erst mal bewusst einsetzt.
Wann wurde das 4 Ohren Modell entwickelt?
Das 4-Ohren-Modell wurde in den 1970er Jahren vom deutschen Psychologen, Kommunikationswissenschaftler und Trainer Friedemann Schulz von Thun entwickelt. Angelehnt an Alfred Adlers Individualpsychologie und Ruth Cohns Themenzentrierter Interaktion und gepaart mit seinen eigenen Erfahrungen als jahrelanger Trainer, stellte Schulz von Thun sein Nachrichtenmodell 1981 erstmals in seinem Buch „Miteinander reden, Störungen und Klärungen“ vor.
In unseren NEVEREST Lehrgängen lehren wir Schulz von Thuns Theorien und wenden seine Modelle regelmäßig auch praktisch an. Neben Vera Birkenbihl, Paul Watzlawick, Virginia Satir, Gregory Bateson und Marshall Rosenberg zählt Friedemann Schulz von Thun somit ohne Zweifel zu unseren NEVEREST Legenden der Kommunikation. Möchtest du mehr über den Kommunikationswissenschaftler erfahren, zahlt es sich aus, einen Blick in unseren Blogartikel Friedemann Schulz von Thun – Seiten und Stile der Kommunikation zu werfen.