NEVEREST Podcast DLDL die Lektion deines Lebens Günter Stöffelbauer

Günter Stöffelbauer: "Von moderner Sklaverei zu mehr Freiheit"

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Über Günter Stöffelbauer

Günter Stöffelbauer hat seinen Topmanagerjob in Düsseldorf an den Nagel gehängt, um in Niederösterreich eine ökologisch nachhaltige „Demeter“-zertifizierte Naturkosmetikmarke zu starten. Für ihn ist es wichtig, im Leben immer weiter zu lernen und eine stetige Lernkurve beizubehalten. Darum war für ihn der Schritt in die Selbstständigkeit auch der richtige Weg.

Gemeinsam mit Martin Saahs schafft Günter Stöffelbauer eine Bio Kosmetiklinie, bei der gesunde Inhaltsstoffe und nachhaltige Verarbeitung Priorität haben .

Mehr Informationen:

https://www.dienikolai.at/

NEVEREST Podcast Günter Stöffelbauer

Transkript der Episode

Transkript der Episode

00:00:04
Intro: Die Lektion deines Lebens, der Neverest Podcast heute mit Michaela Stierschneider.

00:00:13
Michaela Stierschneider: Und allem Anfang wohnt ein Zauber inne. Hallo und herzlich Willkommen zur ersten Folge unseres brandneuen Podcasts: Die Lektion deines Lebens. Ich muss zugeben, ich bin jetzt schon ein bisserl aufgeregt, euch diese allererste Folge präsentieren zu dürfen. Ausgewählt dafür haben wir einen jungen Mann, der sich entschieden hat, sein Leben als, wie er selbst sagt, moderne Arbeitssklaven gegen das eines selbständigen Kosmetik Herstellers zu tauschen. Eine wahnsinnig mutige Geschichte. Aber hört selbst!

00:00:45
Michaela Stierschneider: Heute darf ich bei Günter Stöffelbauer zu Besuch sein. Günters Geschichte, über die wir heute reden wollen oder über die ich mit ihm heute reden möchte, ist beruflicher Natur. Günter, erst einmal herzlichen Dank für die Einladung.

00:00:59
Günter Stöffelbauer: Herzlich willkommen!

00:01:00
Michaela Stierschneider: Wir sitzen hier. Man muss sich das mal vorstellen in Mautern bei Krems, mitten in den Weinbergen. Günthers Arbeitsplatz seit ein paar Jahren. Und den hat er sich geholt bzw. getauscht gegen einen Arbeitsplatz, den viele, viele, viele Menschen haben wollen. Ein solider Job bei einem der größten Kosmetik Konzernen der Welt. Im Marketing hast oder gearbeitet oder?

00:01:25
Günter Stöffelbauer: Genau.

00:01:26
Michaela Stierschneider: Bist dafür sogar nach Düsseldorf ausgewandert. Einer der Mode Metropolen der Welt. Und hast dann irgendwann einmal gesagt: Stopp, ich mache jetzt was ganz anderes bzw. so was anderes ist es ja nicht. Aber ich setze jetzt alles auf eine Karte und bist ein hohes Risiko eingegangen. Erzähle mal, was du heute machst.

00:01:48
Günter Stöffelbauer: Heute. Also ich habe dann gemeinsam mit meinen ehemaligen Schulkollegen eine eigene Kosmetik Linie gegründet. Der Martin Saahs, mit dem ich das gemeinsam mache, kommt vom ältesten Weingut Österreichs im Nikolai Hof Wachau. Wir sind schon gemeinsam zur Schule gegangen. Und irgendwann hat Martin gesagt, eigentlich ganz schade um all die Rohstoffe, die bei uns im Weingarten wachsen, wo wir keine Verwendung dazu haben, wo wir keinen Wein daraus machen können. Lass uns doch etwas erfinden, quasi. Und so ist dann DieNikolai geboren. Eine junge kleine Kosmetik Marke die es jetzt seit fünf Jahren gibt. Und genau das hat mich von Düsseldorf nach Mautern gebracht.

00:02:34
Michaela Stierschneider: Das klingt alles romantisch. Aber warum macht man sowas? Warum setzt man sich von einem Mega Job, der wahrscheinlich auch gut bezahlt wird, der solide ist? Was war für dich der Moment, wo du gesagt hast so ich riskier das jetzt?

00:02:49
Günter Stöffelbauer: Also für mich persönlich muss ich ehrlich sagen, war es im Job, aber auch an der Uni et cetera immer sehr wichtig, diese persönliche Lernkurve zu machen. Ich hatte das Glück, innerhalb vom Konzern sehr oft den Job wechseln zu können. Dadurch blieb das über 5 Jahre lang auch wirklich spannend und ich bin nie in so einen trott hineingeraten. Allerdings dann wie dann sozusagen schon zweieinhalb Jahre in Düsseldorf. Auch schon verschiedene Stationen im Konzern abgegangen bin und erlebt habe, war ich so ein bisschen am Ende der Lernkurve, da hätte etwas Neues kommen sollen. Und da konnte ich mich mit dem Konzern nicht einigen. Und wie es dann manchmal so ist im Leben, die.. nichts ist so gut wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Und Martin hat damals einfach den perfekten Zeitpunkt getroffen, um mir sozusagen einen neuen Samen ins Gehirn zu pflanzen und bin heute natürlich.. Man schläft wahrscheinlich ein bisschen weniger, aber dafür besser.

00:03:51
Michaela Stierschneider: Auch tatsächlich besser. War das von Anfang an so? Weil ich kann mir vorstellen, wenn man von einem Job, der bezahlt ist, in ein kleines… sich selbstständig macht. Einmal zuerst sehr unruhig, schläft oder ob das alles funktioniert.

00:04:06
Günter Stöffelbauer: Natürlich, es ist vor allem… Ich glaube, man muss da viele Faktoren mit einberechnen, weil das ist natürlich der finanzielle Faktor. Das ist natürlich eine ganz maßgebliche Säule und man geht ein finanzielles Risiko ein. Auf der Einkommensseite ganz klar, weil man natürlich in einer neuen Selbstständigkeit.. Wir haben mit einem weißen Blatt Papier angefangen, natürlich keinen klassischen Lohn von Anfang an behält. Das ist so die Einkommensseite, aber natürlich auch auf der Ausgabenseite. Wenn man eine Marke kreieren möchte, wenn man ein physisches Produkt und keine Dienstleistung oder ein elektronisches Produkt z.B. anbieten möchte, dann geht einher natürlich ein bisschen ein Investment. Und dann muss man sich natürlich bewusst sein, dass man mit 500.000 Euro Schulden gut schlafen können muss.
00:04:52

Michaela Stierschneider: Aber was hat dich… Warst du immer schon so oder was hat dich bewegt zu sagen: das riskiere ich jetzt, das ist mir wurscht.

00:05:01
Günter Stöffelbauer: Ja, also ich glaube, es ist halt ein sehr umfangreicher.. Tschuldigung aber das sind ja so schwere Fragen (lacht) Ich glaube, das ist eine sehr umfangreiche Sache, weil auf der einen Seite gibts natürlich diese Lernkurve, auf der anderen Seite ist es schon schön, wenn man.. Ich habe jetzt für eine dementer zertifizierte Bio Kosmetik, wir habe alle Ressourcen aus dem eigenen Weingarten, kurze Transportwege, recycelbar Verpackung. Also da gehts auch um diesen Fussabdruck natürlich um dieses was kann ich persönlich besser in der Welt machen? Wie kann ich ein Angebot schaffen, das vielleicht auch anderen Leute hilft, ja weniger ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen. Und es gehört natürlich auch ein gewisser Mut zum Risiko wahrscheinlich. Man muss das schon auch wollen und mögen und wahrscheinlich auch der Typ dazu sein. Aber klar, man trifft diese Entscheidung nicht über Nacht. Auch wenn man da ein bisschen Management Erfahrung hat, rechnet sich das alles mal durch, macht es denn Sinn? Versucht das vielleicht auch nicht gerade schön zu rechnen. Spricht mit Kollegen, Freunden, Familie, links und rechts. Die waren alles sehr, sehr aufbauend eigentlich. Wobei man schon dort oder da ein gewisses Augenrollen sehen konnte. Halt. Klar, man beginnt als Mini Player in eine Milliardenmarkt und dementsprechend viele Gegenspieler gibt es und auch dementsprechend groß sind die Budgets im Kosmetik Markt und da gab es schon einige, die sagen puh, ob das wohl gut gehen wird? Wir sind am Weg.

00:06:36
Michaela Stierschneider: Ich glaube es läuft ja sehr gut. Ich bin selbst aus Krems und merke die Marke, DieNikolai gibts. Die wird wahrgenommen. Die kriegt man mittlerweile in so vielen Bereichen in Krems oder Umgebung zu kaufen. Scheint ja gut zu laufen.

00:06:50
Günter Stöffelbauer: Wir sind in die richtige Richtung unterwegs. Rom wurde nicht an einem Tag erbaut und so ist es eben auch hier. Ich glaube, das ist auch der wesentliche Schlüssel, Geduld mitzubringen. Bei so einem Projekt, weil man eben, ich sage jetzt mal ganz grob zusammengefasst, muss man davon ausgehen, dass man ein zwei Jahre mal wirklich diesen Proof of Concept, sprich auch das Vertrauen von Partnern schafft. Und dann muss man natürlich auch beginnen, die Sache zu skalieren. Wir sind jetzt in unserem fünften Jahr. Das heißt, wir haben schon einen Teil des Weges hinter uns gebracht und laufen zum Glück noch immer in die richtige Richtung. Wir sind jetzt mittlerweile in neun Ländern in über 200 Läden erhältlich. Und ja, aber da ist schon.. also wir haben auch noch einen Weg vor uns. Es gibt keine Zeit sich auszurasten oder zu sagen: alles gut gelaufen, verkauft sich von selbst. Ich muss auch gestehen, ich glaube, dass wir da in keine Branche sind, wo der Tag kommt, wo man dann sagt, es ist ein Selbstläufer. Fertig. Genau.

00:07:52
Michaela Stierschneider: Ich möchte mal zurückkommen auf die Situation, auf die Zeit in Düsseldorf, wo du gesagt hast, es gab da einen Moment, wo du dich nicht mehr einigen konntest, bezüglich wie geht’s weiter mit dir bei L’Oreal bei dir, bei deinem alten Arbeitgeber? Was hat sich denn da für dich im Gespür getan, was hat der Bauch gesagt, wo war der Moment oder was war der Moment, wo du gesagt hast: So hier und nicht weiter? Du hättest ja eigentlich auch eine Bewerbung schreiben können und dann an unzählige andere große Arbeitgeber schicken können. Und das wäre wahrscheinlich relativ schnell, hätte ich da eine Lösung gegeben?

00:08:30
Günter Stöffelbauer: Ja. Also es war schon wahrscheinlich auch der Reiz. Es war… Ich möchte auf keinen Fall sagen, dass die Zeit dort so schlechter, dass ich von dort weggegangen bin. Es war eher so, dass ich woanders hingegangen bin. Es war schon mehr der Reiz, der Reiz des Neuen, als dass irgendwie mein vorhergehender Job für mich schlecht gewesen wäre. Ganz im Gegenteil. Ich bereue keine Sekunde die Entscheidung nach Düsseldorf gegangen sind. Gerade als Österreicher hat man ja oftmals so die, die das große Deutschland, das ist ja eh quasi wie Österreich. Was soll ich denn dort lernen? Auch ich war dieser Meinung und wurde aber wirklich auch eines Besseren belehrt. Denn als große Volkswirtschaft ist natürlich die… wird dort ganz anders gearbeitet. Auch innerhalb des Konzerns. Von dem her war das schon eine sehr, sehr spannende Zeit für mich, wo ich ganz viel mitnehmen konnte und ich glaube auch ganz viel Tools dafür gesammelt habe, dass ich mich dann diesen Schritt machen traue. Es war aber weniger so, dass ich jetzt sozusagen vor dem einen davongelaufen bin, als einfach etwas Neues, noch Spannenderes gesehen habe.

00:09:34
Michaela Stierschneider: Was würdest du sagen, du sprichst von Lernkurven und so. Gibt es eine, was diese Geschichte betrifft, deine berufliche Geschichte betrifft, der Umstieg vom guten Job im Weltkonzern zu: Ich probier’s jetzt selber und fangt bei Null an. Hat es da irgendeine Lektion gegeben oder eine Lernerfahrung, die du als Lektion deines Lebens beschreiben würdest?

00:09:59
Günter Stöffelbauer: Puh, das ist glaube ich… Es gab so viele Lektionen des Lebens. Es ist schwierig, da jetzt eine herauszupicken und zu sagen: Das war die wichtigste Lektion. Wenn ich so drüber nachdenke, ist es glaube ich. Ich glaube Probieren ist gut. Ich glaube, ich glaube das Wesentliche, dass ist für mich vielleicht das Wichtigste ist, dass diese zwei eigentlich gegensätzlichen Dinge zusammen passen müssen. Auf der anderen Seite eben wenn gerade in Richtung Selbstständigkeit oder jede berufliche Veränderung, dass man schon die hard facts quasi im Kopf hat. Das kann jetzt sein von hab ich genügend Zeit, weil Familie et cetera bis hin aber auch finanzielle Ressourcen. In unserem Fall war das ein sehr, sehr klassischer Businessplan, wo man sozusagen herunter rechnen sagt. Okay, wie viel Geld braucht man, um das zu machen? Also die Hardfacts auf der einen Seite, aber natürlich auch auf der anderen Seite darf man sich nicht dazu verleiten lassen, sich nur auf diese Hardfacts zu konzentrieren. Für mich z.B. heute ist es definitiv so, dass natürlich am Gehaltszettel früher mehr drauf gestanden ist. Aber ich habe unglaublich viel Freiheit in meinem Tagesablauf z.B. dazugewonnen. Früher war ich Montag bis Freitag.. wurde ich dafür bezahlt, ein moderner Sklave, mit einem Augenzwinkern, ein moderner Sklave sozusagen für die Firma, für das Unternehmen zu sein. Heute entscheide ich, ob ich mich vielleicht auch mal am Donnerstagnachmittag einfach zu einem schönen Gespräch treffe. Und ja, und solche Dinge und das ist eben nicht messbar. Und da wird es, sind wir schon in einer Gesellschaft, wo man sehr rasch eigentlich auf Hierarchie Positionen oder auf Geld was steht dann am Lohnzettel drauf und das einfach die Vergleichs Parameter sind. Und ich glaube das ist kein guter Ansatz, weil man schon ein ganzes Bild auf sein Leben und da ist eben nicht nur das Geld, sondern man braucht ja auch Zeit zum Ausgeben.

00:12:00
Michaela Stierschneider: Das heißt flexibel bleiben auch?

00:12:03
Günter Stöffelbauer: Flexibel im Kopf bleiben, aber sich eben auch nicht von der eigenen rosaroten Brille täuschen lassen und sagen: Ach, ich habe die schönste Idee und die.. das wird funktionieren, sondern sich eben wirklich hinzusetzen und sagen: Was sind die Schritte, die ich eigentlich auf dem Weg dorthin brauche. Und für mich persönlich war das auch ganz wichtig, um die Motivation zu behalten, denn wir machen das jetzt ungefähr fünf Jahre arbeiten wir DieNikolai und man kann natürlich so nach zwei, drei Jahren sich auch mal denken, wenn mal ein Dämpfer irgendwo daherkommt, dass man ganz gerne eigentlich einen Plan hat und sagt Moment mal, wo stehe ich denn eigentlich? Das ist so wie beim Wandern. Ja, es ist immer gut zu wissen, wo das Ziel ist. Dann kann man manchmal auch ganz entspannt eine Pause machen, weil man weiß, man hat ja schon einiges geschafft oder umgekehrt. Man sollte vielleicht noch eine Stunde länger gehen, weil man ist noch nicht dort, wo man sein sollte. Es ist eine schöne Überraschung.

00:12:57
Michaela Stierschneider: Wo denkst du, würdest du stehen, wenn der Martin vor fünf Jahren nicht angerufen hätte? Oder vor sechs Jahren wann auch immer ihr die Idee hattet. Wo wärst du jetzt? Was würdest du jetzt machen?

00:13:11
Günter Stöffelbauer: Eine spannende Frage. Ich kann gar nichts drauf sagen, weil ich mir gar nichts anderes vorstellen kann. Ich habe mir in den letzten fünf Jahren kein einziges Mal die Frage gestellt, was wäre, wenn es nicht so gewesen wäre, sondern eigentlich immer nur die Frage stellt Wie kann ich sicherstellen, dass das so bleibt?

00:13:36
Michaela Stierschneider: Wow!

00:13:36
Günter Stöffelbauer: Ich glaube, das hat aber schon ganz viel eben auch damit zu tun, dass man sich bewusst ist, was man hat. Denn ich könnte natürlich trotzdem auch jeden Morgen mich über den Umsatzdruck oder Covid Maßnahmen oder das Gehalt, das eben noch nicht das ist, was man vielleicht nach zehn Jahren Konzern eben auch haben könnte. Ich könnte mich immer nur von diesen Aspekten eigentlich ärgern lassen. Aber umgekehrt, wenn man dann auch sieht, was man zurückbekommt, dass man eben seine eigene Zeit ist, dass man Sport in der Natur verbringen kann, dass man eben für diese Dinge, die einem selbst wichtig sind, Zeit hat. Dafür darf man auch dankbar sein und ich glaube, dann fällt es auch leicht, zufrieden zu sein.

00:14:25
Michaela Stierschneider: Günther vielen lieben Dank für deine Zeit und für deine mutige Geschichte.

00:14:29
Günter Stöffelbauer: Danke fürs Vorbeikommen.

00:14:31
Michaela Stierschneider: Das war sie also, die allererste Folge unseres brandneuen Nevers Podcasts. Die Lektion deines Lebens. Wir hoffen, sie hat euch gefallen. Und wir konnten euch vielleicht sogar ein bisschen inspirieren und freuen uns aufs nächste Mal.

00:14:49
Outro: Was war deine wichtigste Lektion? Schreib uns an lektion@neverest.at

Dieses Transkript wurde automatisch erstellt.

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